Monthly Archives: März 2019

Konzerteindrücke

Konzerteindrücke

Gestern in Essen

Ein sehr gefeierter Pianist gab sich gestern in der Essener Philharmonie die Ehre.

Es war ein beeindruckendes Erlebnis: wie lässg da großartigste Kunst vorgetragen wurde. Werke von Ludwig van Beethoven und Franz Liszt. Der charismatische Musiker entlockte dem Klavier zarteste Töne oder hämmerte mit der flachen Hand auf der Tastatur. Tiefste Töne und schroffe Klänge folgten.

Unter den Zuhörern war von bis alles dabei. Kinder, Jugendliche, Senioren, Mittelalter-Menschen so wie ich, oder Mittzwanziger. Auch kleidungstechnisch war alles zu sehen: von der alten Frau mit Watte in den Ohren( bei einem Konzert?) über Strickmützenträger bis zum Galakleid war wirklich alles dabei. Am auffälligsten war die Dame in Rot:

Sie trug ein kurzes, knallrotes Kleid und Schuhe, die halsbrecherisch anmuteten, dazu mit einem bestimmten Detail: die Riemchen waren aus Plüschfell.

Davon ließ sich aber der Musiker nicht ablenken. Völlig ohne Noten spielte er gelassen sein Repertoire und die Leute waren begeistert.

Ich auch! Und das, obwohl ich sonst gern Rock höre. Aber es tut unheimlich gut, auch einmal (oder mehrmals; es war mein 7. Klassik-Konzert) etwas ganz anderes zu hören. Und das Konzert gestern war klasse Klassik!

Abendrot

Abendrot

Traurigschön

 

Auch das dritte Buch des amerikanischen Autors Kent Haruf hat mich wieder sehr beeindruckt.

Es spielt wieder in der fiktiven Stadt Holt und einige Figuren begegnen einem wieder. Man meint sie schon lange zu kennen. Raymond, Victoria, Rose. Aber auch alle anderen kommen einem sehr nah und das ist die Kunst von Kent Haruf. Die Kunst in einer kargen Sprache ganz viel zu erzählen. Die Zwischenzeolen und das nicht ausgeschrieben sprechen Bände. Dazu der besondere Stil der Zeitlosigkeit, die alle Romane von Haruf ausmachen.

Abendrot

Cover: Diogenes Verlag

 

Selbst die Beschreibungen der Häuser oder Wohnmobile, Schuppen oder Arztpraxen sind karg, aber doch so treffend gezeichnet, dass man meint, selbst die Gerüche drinnen wahrnehmen zu können.

 

Raymond mit seinem eisengrauen Haar, einer, der arbeitet ohne zu klagen auf seiner einsam gelegenen Farm. Nun ohne seinen Bruder, der beim Einpferchen der Tiere von einem Bullen attackiert wird und bald danach stirbt. Victoria, mutterseelenallein und nun selber Mutter und Studentin und Ziehtochter von Raymond.

DJ, der seinen Großvater versorgt. Völlig selbstlos und in Dena eine Freundin findet. Und einen Schuppen, um sich zurückzuziehen von der Welt da draußen, bei Kerzenschein, kaltem Kaffee und Büchern.

Rose, die Sachliche, die Sozialarbeiterin, die so viel gibt und doch gegen Windmühlen ankämpft und auch Schwäche zeigt und diese in den Armen von Raymond zeigen kann.

Dazwischen Seiten, so brutal, dass man fast nicht weiterlesen kann. Die Eltern von Ritchie und Joy Raye, die machtlos sind gegen die Gewalt ihres Großonkels. Kaum auszuhalten, diese Gewalt. Kaum auszuhalten das Nichtwehren, Nichteinschreiten der Eltern.

Die letzten Seiten des Buches habe ich immer langsamer gelesen, weil ich die Figuren nicht zurücklassen wollte. Weil ich nicht wollte, dass mich die  Figuren verlassen. Und weil ich weiß, dass der Autor Kent Haruf nicht mehr lebt. Ich nicht weiß, ob es noch einen Band geben wird. In der Presse wird stets darauf hingewiesen, dass es sechs Bücher von Kent Haruf gibt. Bis jetzt habe ich drei gelesen:

„Unsere Seelen bei Nacht“, „Lied der Weite“ und „Abendrot“. Alle drei sind ganz besondere Bücher, die man nicht so schnell vergisst.

An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an den Diogenes Verlag, der mir wieder ein Leseexemplar zur Verfügung gestellt hat!