Ein ganzes Leben.
Hanser Verlag, Berlin. ISBN 9783446246454. 154 S. 17,90 €
Ein ausdrucksstarkes Buch, das ganz schlicht daher kommt. Bescheidene 160 Seiten umfassen ein ganzes Leben.
Ein Leben, irgendwo in den Bergen im vorigen Jahrhundert, das schon hart und karg beginnt.
Andreas Egger kommt als Kleinkind in ein kleines Dorf. Keiner hat auf ihn gewartet. Denn Andreas ist eine Waise und wird vom Großbauern Kranzstocker aufgenommen. Der Bauer hat nichts zu verschenken. Schon gar nicht Liebe. Stattdessen verteilt er Hiebe und irgendwann schlägt er einmal so fest zu, dass Knochen brechen und Egger lange nicht laufen kann und danach sein ganzes Leben ein Bein nachziehen muss. Man liest zwischen den Zeilen, dass er nun nicht mehr mit beiden Beinen fest im Leben steht.
Und doch ist ausgerechnet er es, der später beim Seilbahnbau mithelfen kann. Weil er will. Weil er nicht verbittert und verzweifelt.
Egger ist erwachsen. Kauft ein Grundstück, baut ein Haus. Egger verliebt sich und man ahnt, dass solche wie Egger ganz schnell verlieren können.
Er verliert seine Frau. Er verliert sein Haus.
Egger zieht in den Krieg. Trotz seiner Behinderung nimmt man ihn. Weil man jetzt jeden nimmt. Es hat sich viel, sehr viel verändert, als er aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt ins Tal. Er führt nun Touristen auf die Berggipfel. Er versucht noch eine Liebe, die nicht gelingt. Egger lebt. Egger arbeitet.
Alles vor dem Panorama der Berge, der Natur, dem Strom des Lebens.
Dies alles beschreibt Robert Seethaler in einer Sprache, die völlig schnörkellos ist. Rau wie Stein. Kühl und trotzdem so bewegend. Er schreibt über Verluste und schlimme Ereignisse in einem Stil, der trifft und berührt.
Der Autor beschrieb es einmal so:
„Meine Prämisse ist, ja, die Menschen kommen damit klar. Es gibt so viele Menschen, die Verluste erfahren, schreckliche Ereignisse erfahren müssen. Fast alle Menschen werden einmal mit Tod, Krankheit konfrontiert. Ich glaube daran, dass man durchgehen kann, muss und unter Umständen sogar gestärkt aus solchen Ereignissen hervorgehen kann. Das ist nicht romantisierend, das ist die Vorstellung, die ich habe.“
Und diese Wort sind es, die einem auch im eigenen Leben, in dieser Zeit der Ereignisse, die einen sprachlos zurücklassen, ungläubig und betroffen, doch eine Zuversicht zuteil werden lassen, wie es nur ganz besondere Bücher vermögen!