Es ist schön draußen und ich denke an meine Freunde, die nicht mehr da sind. In hellen Farben bewahre ich sie seit Jahrzehnten bei mir. Und denke an unsere Zeit, an unsere Sommer.
Sie sind immer noch da. Sind nicht gestorben. Sind da und die Klänge meines Namens aus ihren Mündern sind immer noch abrufbar.
Das freudig helle „Bine“ von Sally, wenn wir uns trafen.
Das quietschige, auf der letzten Silbe betonte „Sabine“ von Kalli. Martin nannte mich nie beim richtigen Namen. Für ihn war ich Regina, weil ich ihm mal versehentlich eins mit dem Ellbogen auf die Nase gab und er mich seitdem mit der Boxerin Regina Halmich verglich.
Andreas und Frank: Unvergessen. Andreas Lächeln und Franks Grinsen.
Andreas. An den ich besonders denke, immer wenn ich das Lied: „Take me to the Matador“ im Radio höre. Der an der Bushaltestelle mit seinem Mokick hielt. Extra für mich. Der mich anlächelte und auf den ich sauer war damals vor unzähligen Jahren. Teenager-Trouble. Dem ich nicht antwortete und der dann wegfuhr. Lächelnd. Den ich nie wieder sah. Der verunglückte.
Frank, der einfach stehenblieb, als ein Kumpel mit seinem Manta auf ihn zu fuhr. Zum Spaß. Der scharf, sehr scharf bremsen musste. Frank war cool. Frank grinste nur. Die Stoßstange des Mantas berührte sein Hosenbein. Monate später auf dem Weg zu einer Party. Ein Fahrer dachte, er überfahre ein Reh. Fahrerflucht. Und Frank? Frank kämpfte. Frank starb.
Zu Sally gehörten die Zigaretten und ihr Knicköhrchen, das ihr so gut stand.
Zu Kalli seine immer gute Laune und blaukarierte Hemden. Seine Freude, mich zu sehen.
Martin war einer meiner längsten Freunde. Oft lange nicht gesehen. Aber wenn, dann war es so wie immer. Sein Humor war einzigartig und unvergleichlich.
Unser Song: „The summer of 69“. Seine Späße, seine Streiche fehlen so. Unvergessen dann mein Blick zurück. Wie er vor dem Krankenhaus steht. Wir hatten noch zusammen geraucht. Als ein anderer Freund und ich schon weit weg gegangen waren, stand er immer noch da und sah uns beiden Gestalten nach. Immer noch. Immer noch. Immer noch und immer noch. Immer. Immer wenn ich mich wieder kurz umdrehte zu ihm und winkte, stand er immer noch reglos da. Und dann bogen wir um die Ecke zum Parkplatz. Es war das letzte Mal, dass wir ihn sahen. Drei Tage später kam der Anruf.
Andreas, dieser charismatische ewig 17jährige. Braune Samtaugen und die beiden Button von David Bowie an seiner Jeansjacke. Die er mir dann mal schenkte. Immer noch in meiner Schublade. Ich wage nicht, sie zu tragen. Befürchte, sie womöglich zu verlieren.
Frank gehört zum Hemingway-Film „Der alte Mann und das Meer“. Engumschlungen zusammen geschaut auf dem kratzigen bunten Teppich meines Zimmers.
Sie alle sind nicht mehr da und doch da. Ich hole sie in den Sommer. In die Wärme, ins Licht und ins Helle.