Sie öffnet die Fenster und lässt die Stille hinaus.
Sie schickt die Sorgen und die Trauer hinterher und atmet die frische Frühlingsluft ein, lässt Sonne in ihr Haus.
Statt des schwarzen Mantels wählt die heute die grüne, leichte Jacke für den Spaziergang. Beim Laufen lässt es sich gut denken. Und sie denkt, was sie noch alles hätte sagen können. Oder was sie besser verschwiegen hätte.
Sie staunt unterwegs über das Blau der Krokusse und die Schneeglöckchenteppiche. Der Himmel ist so blau, wie er nur blau sein kann und in der Luft liegt so etwas, dass einen Neuanfang ahnen lässt. Verlockend und frisch. Nach einem Grün, das noch nicht da ist und im Mai satt und kräftig sein wird.
Sie freut sich auf die Zeit und doch ist sie bedrückt wegen der Nächte, die sie wach liegen lassen. Ob Frühling oder Herbst, Sommer oder Winter. Die Nächte, die nie bunt geträumt werden. Sie ist ängstlich, wenn dann die Sonne noch nicht da ist am Morgen und nicht die Kraft hat, durch die Wolken zu brechen.
Aber heute singen die Vögel erwartungsfroh und sie geht zum Spielplatz, da wo noch eine Schaukel ist. Sie setzt sich hinein und da hört sie es. Das unvergleichliche Schreien. Das Kreischen aus vielen Kehlen. Sie schaukelt ins Blau, legt den Kopf in den Nacken und beobachtet das V am Himmel. Die Kraniche, denen sie noch im Herbst traurig nachgewunken hatte, begrüßt sie nun mit einem Lächeln. Und sie weiß, dass alles wieder gut wird.
Der Winter hatte sie freigegeben.
© Sine