Ein Bild von terramara / pixelio.de
… am Rhein gibt es eine Kneipe. Wie früher. Nur ohne Rauch. Mit vielen toten Vögeln an den Wänden und Schifferklavieren auf Hockern. Man kommt hinein und fühlt sich trotzdem heimelig und ein Stückchen zuhause. Trotz der toten Vögel. Trotz der Farben.
Das uralte Sofa ist ausgeleiert und durchgesessen. Aber wunderbar gemütlich. Mit Holzschnitzereien. Man versinkt in den Polstern und es wackelt bedenklich. Herzlicher Empfang. Draußen Regen. Schlagermusik wird aufgelegt. Lampen mit warmem Licht angemacht. Die Musik passt zu den Vögeln und dem Fuchs an der Wand. Die Wirtin hat zu schwarze Haare. Ganz rote Lippen und rabenschwarz geschminkte Augen. Ein bisschen unheimlich. Freundlich ist sie aber und fragt, wo wir herkommen. Und wie wir sie gefunden haben. Das kann unsere Gruppe ganz einfach erklären. Hatten wir es doch nicht weit. Direkt gegenüber, das Quartier. So schön, dass ich schon Pläne mache für ein nächstes Mal. Wir sitzen da also, bei Musik und heißem Kakao aus bunten Tassen. Meine ziert ein Katzenkind….Kitschig-lieb.
Auf dem Weg zur Toilette gehe ich an einem alten Herd vorbei. Darauf Eingemachtes in Gläsern. Kirschen und Pflaumen. Wie bei Oma. Alte Puppen sitzen unter der Garderobe und es riecht nach alten Zeiten.
Am Tisch neben uns Senioren, die Rouladen essen. Hausmacherart. Es duftet herrlich. Die Tür geht auf und Oma Janzen kommt mit dem Rollator herein. Großes Hallo. Sofort nimmt sich die stämmige Dame an der Theke, die mit den nachgezogenen Augenbrauen, der Dame an. Diese bestellt auch das Mittagsgericht und ich wundere mich, wie schnell sie es genüßlich verputzt. Die Dame mit den gemalten Augenbrauen stößt mich an, ich drehe mich zu ihr und sie sagt: „Hätten Sie gedacht, dass Oma Janzen schon 94 ist?“ Ich verneine und staune. Oma Janzen lacht und bestellt noch eine Extra-Portion Hollandaise nach. Die stämmige Frau geht in die Küche und holt sie. Nicht die Wirtin.
Dazu noch ein Probiertellerchen mit Fleisch für den Mann mit Bart auf dem Barhocker am Eingang.
Am Tresen ein Einsamer mit resigniertem Blick. Er beobachtet die Gäste. Der Dicke neben ihm will kein Gespräch. Er schüttet das Bier lieber allein in sich hinein und zieht sich dauernd sie Hosen hoch und stellt ein Bein lässig unten auf die Fußstütze.
Gäste kommen durch die Küche von draußen herein. Man kennt sich. Man erzählt sich. Von dem, der gegenüber wohnt. Dem die Musik, die Kneipenmusik, zu laut ist. Und die Kirchenglocken auch. Die Kirchenglocken müssen schon schweigen ab 10. Und die Musik, schon Tradition, jetzt auch. Nichts mehr mit einem spontanen Ständchen auf dem Schifferklavier zum Frühschoppen. Aber Duisburg ist nicht weit. Und die Leute aus dem Pott, die halten zusammen. Unterschriften sammeln sie jetzt. Und wir gehören ja auch mit dazu. Wir haben ja gesagt, dass es uns hier gefällt. So unterschreiben wir. Und kommen bestimmt wieder. Es ist schön. Und es bleibt ein warmes Gefühl an diese Erinnerung zurück!
An die Wirtin, an Frau Janzen, dem Einsamen und den anderen. An einem Mittag im Juni in Orsoy!