Monthly Archives: April 2018

Norbert Scheuer

Norbert Scheuer

Norbert Scheuer : Am  Grund des Universums

Cover: C.H.Beck Verlag

 

Im real existierenden Ort Kall in der Eifel. Wieder begegnet dem Leser alte Figuren aus seinen Romanen „Kall, Eifel“ und „Unter dem Rauschen“. Die beiden Bücher haben mich sehr beeindruckt. Durch die Kargheit der Sprache, die Besonderheit der Menschen, die ganz spezielle Aura des Ortes.

Norbert Scheuer erzählt einen Roman, der sich aus vielen kleinen Geschichten zusammensetzt.

Um der Einsamkeit und Eintönigkeit zu entkommen, treffen sich die „Grauköpfe“ jeden Tag in einem Cafe eines Supermarktes. Es geht um Kleinigkeiten aber auch um Wichtiges in Kall: eine Erweiterung des Stausees. Wenn dazu aber erst einmal das vorhandene Wasser abgelassen werden müsste, könnte wohl so einiges zum Vorschein kommen, was versenkt und vergessen werden sollte. Es geht um Geld, um Grundstücke und Tourismus.

Es wird aber auch scharf beobachtet. Nina Plisson zum Beispiel, die zwar schreiben kann aber nicht lesen. Sie trägt allmorgendlich die Zeitungen aus. Sie verlibt sich in Paul Arimond, einen versehrten Soldaten. Nina  kümmert sich auch um Sophia Molitor, deren Leidenschaft es ist, Sprüche von Laotse zu sammeln. Da es auch in den anderen  Romanen Scheuers um Fische, Vögel und Steine geht, wundert es einen nicht, dass es nun auch um chinesische Philosophie geht. Es geht aber auch noch um den Elektriker Lünebach, der sich eine Raumkapsel  gebastelt hat und sich nun ins All träumt und um viele andere Gestalten mehr.

Meine Meinung:  mich hat das Buch nicht gerade gefesselt. Mir kamen die Figuren nicht nahe, das Thema hat mich nicht berührt. Während mich das Buch“ Kall, Eifel“ damals sehr fasziniert hat, hat mich  dieses Buch aus Kall kalt gelassen. Die spröde Sprache ist ein Kunststil, der gekonnt sicher viel erreichen kann, wie Scheuer bisher bewiesen hat, das „Universum“ ist es für mich nicht geworden.

Ich bedanke mich beim C.H.Beck Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

 

Morgens und Abends um 7

Morgens und Abends um 7

Alles ist noch still. Der Schlaf hängt fest in Wiesen und Feldern, als Tau auf dem Gras.

Der Kater miaut leise. Samtpfoten auf Marmor, kein Geräusch.

Sie steht mit einer dampfenden Tasse Tee vor dem Fenster und staunt in den Morgen. Die Sonne schlüpft vorsichtig durch den Himmel. Es wird schön heute und sie wird es sich schön machen. Sie öffnet die Haustür und der Frühling empfängt sie mit kühler Morgenluft. Es riecht nach frischer Erde. Barfuss geht sie über den Rasen, erschrickt, als ein Hase davon hüpft.

Foto: bardo / Pixelio.de

Dann ein Zischen, ein Schatten. Ein Lachen von oben direkt aus dem Himmel. Ein Heißluftballon schwebt über dem Haus, dem Garten. Sie erkennt eine Gestalt im Korb. Winken und grüßen. Sie lacht und wünscht sich, dabei zu sein. Höhenangst zu überwinden, frei zu sein, zu schweben, der Sonne entgegen. Sie möchte jetzt gar nicht zum Auto gehen müssen, zur Arbeit fahren, der Ruhe entfliehen müssen. Deshalb nimmt sie sich Zeit und schaut dem Ballon hinterher, der als bunter  Punkt am Himmel nach einer ganzen Weile verschwindet.

Sie fährt zur Arbeit. Aber langsam. Öffnet das Dachfenster im Auto und genießt mit jedem Atemzug die Gerüche des beginnenden Sommers. Gleich, wenn die Tür wieder hinter ihr zu fällt, ist sie den Tageszeiten, der Natur, der Sonne so fern.

Aber am Fenster das Stück blaue Himmel und im Herzen der Frühling und keine Uhr an ihrem Handgelenk, die die Zeit misst. Sie verteilt großzügig ihr Lächeln, erhascht liebe Blicke, und liest Post. Sie arbeitet und nach 8 Stunden fährt sie wieder heim. Der Kater miaut laut. Am Fenster staunt sie in den Abend. Die Sonne schlüpt in ihr Himmelbett. Das Gras ist noch warm vom Tag und ein Hase mümmelt sein Abendbrot. Ein paar Vögel auf Zweigen, ein Abendlied zwitschernd. Alles so friedlich und fern von der Welt.

Dämmerung. Und am Horizont ein bunter Punkt.