Monthly Archives: September 2013

Tagesende

Tagesende

Am Tagesende macht sich Müdigkeit breit.

 
Traurigkeit! Zwei Menschen, die ich schätzte, ja, verehrte, sind nicht mehr da. Der eine schon alt. Der andere in der Mitte des Lebens.

 

„Wenn ein Mensch stirbt, verbrennt eine ganze Bibliothek“. Sagt man.

Am Tagesende sind da die Gedanken. Über das Sterben. Über die Würde.

R_K_B_by_Heavy-Blues / PIXELIO.de

Ich schreibe über Marcel Reich-Ranicki.

 Ich schreibe über Wolfgang Herrndorf.

Marcel Reich-Ranicki: er war alt, er war krank. Er liebte die Literatur. War Autor, Journalist, Kritiker.

Wolfgang Herrndorf war längst nicht alt, erst 48, aber er war krank. Er liebte die Literatur, die Worte.

 Schriftsteller. Wortkünstler. Herztreffer.

Der eine kauzig, der andere geheimnisvoll. Intelligent beide.

Marcel Reich-Ranickis Buch:“Mein Leben“ so beeindruckend. Wolfgang Herrndorfs Buch „Tschick“, ein wunderbarer Roadmovie. So berührend, so komisch, so traurig. Ein Buch, das niemals enden sollte. Von dem man sich wünscht, es immer wieder zum ersten Mal lesen zu können.

Welche Geschichten hätten noch erzählt werden können!

Der alte Mann ist gestorben. Der jüngere Mann ist tot, aber nicht gestorben. Er hat sich erschossen. Das macht mich wütend. Nicht die Tatsache, dass sich ein Todgeweihter erschießt. Dem Krebs zuvorkommt. Sich das Leben nimmt. Sondern die Tatsache, dass es in diesem Land nicht möglich ist, Geschichte hin oder her, selbstbestimmt und in Würde sein Leben beenden zu können. Einschlafen dürfen.

Wolfgang Herrndorf schrieb in seinen letzten Einträgen in seinem Blog: „Arbeit und Struktur“, dass er nicht vermessen sein wolle, aber sich danach vielleicht ein kleines Metallkreuz aus zwei schlichten Schienen wünsche, an der Stelle am Kanal, dort, wo sein Leben letztlich auch endete.

Die Sonne geht immer hinter der Düne unter, die Dir gerade am nächsten ist“. ( Afrikanisches Sprichwort und von Wolfgang Herrndorf an einen Freund übermittelt, um einen Preis entgegenzunehmen auf der Leipziger Buchmesse).

Ich habe ein Kettchen. Mit einem winzigen Anhänger. Einem Kreuz. Bei meinem nächsten Besuch in Berlin werfe ich es in einer Abendstunde in den Hohenzollernkanal. Es wird seinen Weg schon finden!