Monthly Archives: August 2012

Reiserufe

Reiserufe

Irgendwann unterwegs kam mir in den Sinn, dass es wohl kaum noch Reiserückrufe gibt.

Ganz früher konnte man das oft hören, diese Stimme nach den Nachrichten im Radio:

„Und hier noch ein Reiseruf: Herr Paul Kruse, unterwegs nach Hamburg, in einem orangen Ford Capri mit dem amtlichen Kennzeichen:

BE für Beckum, PK 306. Herr Paul Kruse möchte sich bitte dringend bei seiner Schwester melden.“

Man stellte sich vor, wie ein Paul Kruse wohl aussähe. Pauls hatten für mich immer dunkle Haare. Pauls waren groß und irgendwie spröde. Sie trugen orthopädische Sandalen und waren merkwürdig unscheinbar. Sie konnten ganz speziell und mitreißend lachen, lasen Karl May und rauchten Ernte 23.

Pauls mußte man einfach mögen. Ich habe nie andere Pauls kennengelernt. Da nicht und später auch nicht. Pauls waren so. Was machte ein Paul also in Hamburg? Kaufte er Kaffee? Unternahm er eine Städtereise? War er auf der Flucht? Vielleicht war Paul Kruse auch ein Bankräuber? Oder war er verliebt und seine Liebste wohnte in Hamburg? Warum sollte er sich bei seiner Schwester melden und dann auch noch dringend? Das konnte sich mein kleiner Bruder so überhaupt gar nicht vorstellen. Ich mir auch nicht. Und was war mit den Eltern von Paul Kruse? Hatte er womöglich keine mehr und was war mit seinen Freunden? Suchten sie ihn nicht? Hatte er sich mit ihnen gestritten? Aber nein, Pauls streiten sich selten. Weil Pauls sind die gutmütigsten Menschen, die man sich denken kann. Ein bißchen langsam vielleicht, aber welche, auf die man sich verlassen kann. Pauls holen einen raus. Und zwar von überall. Es dauert halt nur ein bisschen. War er unterwegs, um einen Freund aus der Klemme zu helfen?

Auf jeden Fall passte der orange Ford Capri nicht zu Paul Kruse. Pauls fuhren Opel und nicht Ford. Der Wagen steht dem Paul gar nicht. Da waren wir Geschwister uns einig dahinten, hinter den Eltern, auf unserem Rücksitz des goldfarbenen Granadas irgendwann in den 70ern.

Unterwegs hielten wir Ausschau nach einem orangen Ford Capri um Paul zu sagen, dass er sich lieber in Hamburg zusammen mit seiner Liebsten bei einem Tschibo-Kaffee und einem anständigen Fischbrötchen einen grauen Opel zulegen solle. Dringend! Egal, was seine Schwester dazu sagt.

Wer weiß, vielleicht wollten ihm das schon ganz viele sagen und genau deshalb starteten sie diesen Reiseruf …

 

New York meets Backcountry

New York meets Backcountry

Heute morgen im Auto: die neue CD von Joe Bonamassa.

Eingelegt und aufgedreht. Gehört, gestaunt, gewundert.

Gewundert was ein Musiker alles erreichen kann. Einen Bungee-Jump in Noten ausdrücken. Dass man morgens um 7 im Auto hellwach ist, weil der Blues im Herzen bebt. Dass es da jemanden gibt, einen 34jährigen New Yorker, der mit seiner Musik, seiner Gitarre, seinen Songtexten ausdrücken kann, was in den Spähren des Blues los ist. Der eine Frau, die älter ist als er und im Dörflichen lebt, genau damit berührt. Trifft.

New York meets backcountry.

Ich fühle mich genauso wie der Musiker, weiß, was er meint, auch ganz ohne Songtext. Die Musik trifft mit voller Wucht,Temperament und Leidenschaft. Da geht die Post ab!

Lest mal:

Driving towards the daylight,
running from the midnight,
trying to get my way home.
Running from the spotlight,
trying to find the daylight,
trying to get back home.

Hört doch mal:

Joe Bonamassa \“Driving Towards The Daylight\“ Official Music Video auf You Tube